Die Belichtungszeit

Eine der drei Säulen der Fotografie ist die Belichtungszeit. Die anderen beiden sind Blende und ISO. Die Belichtungszeit ist für zwei Dinge verantwortlich: Die Änderung der Helligkeit deines Fotos und das Erzeugen dramatischer Effekte durch Einfrieren oder Unschärfen. In diesem Kapitel der Grundlagen der digitalen Fotografie werde ich dir einfach alles erklären, was du über die Belichtungszeit wissen musst.

Wie belichtet deine Digitalkamera?

Die Belichtungszeit existiert Dank des sogenannten Verschlusses. Einfach ausgedrückt ist das eine Art Vorhang, der geschlossen bleibt und den Kamerasensor bedeckt, bis du abdrückst. Wenn du den Auslöser betätigst, öffnet sich der Verschluss und das Licht kann durch das Objektiv direkt auf den Sensor fallen. Sobald der Sensor genug Licht aufgenommen hat, schließt sich der Verschluss und sperrt das Licht wieder aus. Der Auslöseknopf wird auch Verschluss oder Verschlussknopf genannt, weil er ebendiesen auslöst.

Du willst wissen wie das aussieht?

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutz.

Was ist die Belichtungszeit?

Die Belichtungszeit ist die Zeitspanne, in der dein Kameraverschluss geöffnet ist und Licht auf den Kamerasensor projiziert. Im Wesentlichen geht es darum, wie viel Zeit die Kamera damit verbringt, ein Foto zu machen. Das wiederum hat Auswirkungen darauf, wie dein Foto aussehen wird.

Wählst du eine lange Belichtungszeit, belichtest du den Sensor für einen längeren Zeitraum. Dadurch entsteht ein Effekt, den man Bewegungsunschärfe nennt. So erscheinen bewegte Motive auf deinem Foto entlang der Bewegungsrichtung verschwommen. Dieser Effekt wird häufig in der Werbung für Autos und Motorräder verwendet,um dem Betrachter ein Gefühl von Geschwindigkeit und Bewegung zu vermitteln, indem die sich bewegenden Räder absichtlich verwischt werden.

Lange Belichtungszeiten werden auch verwendet, um die Milchstrasse oder andere Objekte bei Nacht oder in dunklen Umgebungen mit einem Stativ zu fotografieren. Landschaftsfotografen wählen oft absichtlich lange Belichtungszeiten, um ein Gefühl von Bewegung in Flüssen und Wasserfällen zu erzeugen, während alles andere scharf ist.

Andererseits kannst du die Belichtungszeit auch für das Gegenteil nutzen – nämlich zum Einfrieren von Bewegungen. Mit einer besonders kurzen Belichtungszeit kannst du Bewegungen von sich schnell bewegenden Objekten, wie z.B. fliegenden Vögeln oder fahrenden Autos einfach stoppen. Fotografierst du so Wasser, bleibt jeder Tropfen völlig scharf in der Luft hängen. Für das menschliche Auge ist so etwas normalerweise nicht sichtbar.

All das kannst du ganz einfach mit dieser einen Einstellung steuern. Nochmal zusammengefasst: Kurze Belichtungszeiten frieren Objekte ein, während lange Belichtungszeiten Bewegungseffekte erzeugen.

Wie misst man die Belichtungszeit?

Typischerweise misst man die Belichtungszeit in Bildern pro Sekunde (eng. Frames per second), sofern sie denn unter einer Sekunde ist. 1/4 zum Beispiel bedeutet eine Viertelsekunde, während 1/250 eine Zweihundertfünfzigstelsekunde (oder vier Millisekunden) bedeutet.

Die meisten modernen Spiegelreflexkameras und spiegellosen Kameras können Belichtungszeiten von bis zu einer 1/4000 Sekunde erreichen, während andere noch viel schnellere Zeiten von bis zu einer 1/8000 Sekunde und schneller verarbeiten können. Auf der anderen Seite beträgt die längst mögliche Belichtungszeit der meisten DSLRs oder spiegellosen Kameras typischerweise 30 Sekunden. Bei so langen Belichtungszeiten brauchst du womöglich einen Fernauslöser.

Weiterer Einfluss der Belichtungszeit

Die Belichtungszeit beeinflusst auch die Helligkeit deines Bildes. Bei langer Belichtungszeit nimmt der Sensor viel Licht auf und das Foto wird dementsprechend heller. Ist die Belichtungszeit kurz, führt das zu einem dunkleren Foto, weil weniger Licht einfallen kann.

Die Belichtungszeit ist jedoch nicht das Einzige, was die Helligkeit eines Bildes beeinflusst. Auf die Blende und ISO kommt es genauso an – zusammen mit der tatsächlichen Helligkeit der Szene natürlich. Aus dem ergibt sich eine gewisse Flexibilität, wenn du dich für eine Belichtungszeit entscheidest. Die anderen Einstellungen musst du selbstverständlich auch sorgfältig wählen, denn alle drei Größen beeinflussen das Bild uns stehen im Zusammenhang. Diese Zusammenhänge siehst du hier auf dem sogenannten Belichtungsdreieck.

Die Belichtungszeit kann ein wichtiges Werkzeug sein, um ein Foto mit der richtigen Helligkeit aufzunehmen. An einem sonnigen Tag musst du sie wahrscheinlich kurz halten, damit dein Foto nicht überbelichtet wird. Bei Dunkelheit (z.B. in der Nachtfotografie) ist eine lange Belichtungszeit erforderlich, damit du auf deinen Bildern überhaupt etwas siehst. Dafür brauchst du eventuell auch ein Stativ, weil Kamerabewegungen bei langer Belichtungszeit zu Unschärfe führen können. Schlussendlich ist die Helligkeit des Bildes der Grund, warum sich die meisten überhaupt mit Belichtungszeiten befassen. Die Bewegungsunschärfe ist auch ein wichtiger Punkt, den man nicht ausser Acht lassen sollte.

Kurze Belichtungszeiten: Halte die Zeit an

Eine kurze Belichtungszeit brauchst du, um eine Bewegung einzufrieren. Wenn du fliegende Vögel fotografierst, kann das 1/1000stel-Sekunde oder schneller sein. Bei langsameren Motiven reicht wahrscheinlich auch 1/200, 1/100 oder weniger, um ein Bild ohne Bewegungsunschärfe zu erzeugen. Wenn du zum Testen mal etwas einfrieren willst, eignen sich folgende Motive gut:

  • Tiere (rennende Hunde, Pferde etc.)
  • Fahrende Autos ohne Lichtstreifen
  • Sportereignisse
  • Luftsprünge
  • Etc.

Lange Belichtungszeiten: Bring Bewegung ins Bild

Von einer „langen“ Aufnahme redet man bei über 1 Sekunde – ab da brauchst du ein Stativ, um noch scharfe Bilder zu erhalten. Zur Anwendung kommt das zum Beispiel bei schlechten Lichtverhältnissen, bei Nacht oder wenn du etwas absichtlich verwischen willst. Wenn sich auf deinem Foto jetzt etwas bewegt, erscheint es verschwommen. Lange Belichtungszeiten kannst du für folgende Fotoideen gut verwenden, zu welchen wir meist eine Anleitung für dich geschrieben haben:

  • Wasserfälle mit Schleiereffekt
  • Strände / Meer / Sonnenuntergänge
  • Lichtstreifen von fahrenden Autos
  • Nachthimmel und Astrofotografie / Mond
  • Lichtmalen mit Stahlwolle
  • Um bewegte Motive aus einem Bild zu entfernen
Orb© Jogy

Bewegung ist ja nicht per se etwas Schlechtes. Du willst zeigen, wie ein Wasserfall fließt, wie Wellen sich bewegen, wie schnell ein Rennauto fährt oder wie sich Sterne am Firmament mit der Zeit bewegen. Bewegung kann ein tolles Stilmittel sein. In diesen Fällen ist die Wahl einer längeren Belichtungszeit der richtige Weg. Ein Stativ ist hier aber zwingend, sonst droht Verwacklung (nicht mit Bewegungsunschärfe zu verwechseln).

Weitere gute Anwendungsmöglichkeiten für diese Technik sind:

  • Lichtmalerei
  • Das Zeigen von Teilbewegungen (z.B. hämmernder Bauarbeiter)
  • Feuerwerk
  • Wenn nicht genügend Umgebungslicht vorhanden ist
PyroGames_2019_Ferropolis© Jogy

Praktische Tipps und Zusammenfassung

  • Die Belichtungszeit wird in Bildern pro Sekunde gemessen. Je höher die Zahl, desto kürzer die Belichtungszeit (1/1000 ist viel kürzer als 1/30).
  • Du wirst meistens 1/60 oder höher brauchen. Alle längeren Belichtungszeiten führen vermutlich zu Verwacklungen.
  • Für lange Belichtungszeiten (1/60 oder tiefer) brauchst du ein Stativ oder einen Bildstabilisator.
  • Die auf der Kamera verfügbaren Zeiten verdoppeln / halbieren sich (ungefähr) mit jeder Anpassung. Daraus resultieren die folgenden Optionen: 1/500, 1/250, 1/125, 1/60, 1/30, 1/15, 1/8 etc. Diese Verdopplung solltest du dir besser merken, da sich die Blendenwerte sehr ähnlich verhalten. Auch sie verdoppeln / halbieren bei einer Anpassung die Menge des einfallenden Lichts. Demnach müsste eine Erhöhung des Belichtungszeitwertes um einen „Klick“ und die gleichzeitige Verminderung des Blendenwertes um einen Klick wieder zu einer ähnlichen Belichtung führen.
  • Einige Kameras ermöglichen dir sehr lange Belichtungszeiten, die dann nicht mehr in Sekundenbruchteilen, sondern in ganzen Sekunden gemessen werden. Das ist hilfreich bei schlechtem Licht oder wenn du etwas mit Spezialeffekten machen willst. Vielleicht hast du auf deinem Modus-Rädchen sogar den Buchstaben «B» (Bulb). In diesem Modus bleibt der Verschluss solange offen, wie du den Auslöser gedrückt hältst. So entstehen übrigens Langzeitbelichtungen.
  • Bevor du die Belichtungszeit einstellst, solltest du dir immer überlegen, ob sich irgendetwas in deinem Bild bewegt und wie du diese Bewegung festhalten willst. Einfrieren oder verwischen, das ist hier die Frage.

Die Belichtungszeit ist ein Element, das dir zahlreiche kreative Gestaltungsmöglichkeiten bietet, wenn du sie richtig einsetzt. Sicher ist: Das ist Basiswissen und wenn du ernsthaft fotografieren möchtest, musst du das einfach beherrschen. Also: Schnapp deine Kamera und geh üben!